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Saatgut selbst ernten – Der detaillierte Guide für den Hobbygarten

Saatgut selbst ernten – Der detaillierte Guide für den Hobbygarten

Als Hobby-Gärtnerin mit Leidenschaft für die Erhaltung der Kultur- und Nutzpflanzenvielfalt gibt es für mich kaum etwas Schöneres, als mein eigenes Saatgut zu ernten. Mit etwas Geduld und der richtigen Vorgehensweise kann jeder samenfestes Saatgut in Bioqualität für die nächste Saison zurücklegen – und damit wertvolles Kulturgut bewahren. Hier meine ausführlichen Tipps:

Vor der Ernte: Die richtige Sortenauswahl trifft Grundvoraussetzung für die Saatgutgewinnung sind samenfeste, nicht-hybridisierte Sorten. Diese vermehren sich über viele Generationen identisch und ähnlich der Ausgangspflanze. Hybride hingegen zeigen oft im nächsten Jahr ganz andere, nicht stabile Eigenschaften. Um samenfeste Sorten zu erkennen, hilft der entsprechende Hinweis auf den Saatgutverpackungen.

Die ersten Schritte zur eigenen Saatguternte

  1. Kennzeichnung der besten Samenpflanzen:
    Nicht jede Pflanze sollte zur Samengewinnung genutzt werden, sondern nur die wirklich schönsten, ertragsreichsten und kräftigsten Exemplare. Markieren Sie diese im Beet, indem Sie einen Stab oder Stein daneben stecken.
  2. Vollständiges Ausreifen erlauben:
    Im Gegensatz zur Ernte für den Speiseplan müssen Pflanzen für die Saatgutgewinnung so lange wie möglich am Stock verbleiben. Erst wenn die Samenstände komplett ausgereift und die Samen hart geworden sind, ist die optimale Reifephase erreicht. Bei Fruchtgemüsen wie Tomaten, Kürbissen etc. eignen sich oft die allerletzten Früchte der Saison am besten.
  3. Schonende Trocknung der Samenstände:
    Nach der Ernte müssen die Samenstände gründlich nachtrocknen, damit die Samen ihre volle Keimkraft behalten. Hierzu eignen sich vor allem schattigen, warme und gut belüftete Orte wie eine Dachbodenkammer oder ein Gartenhaus. Zum Trocknen können die Stängel flach auf Papiertüchern oder Tellern ausgelegt werden. So lassen Sie die Samen maximal zwei bis vier Wochen durchtrocknen, bis sie beim Knacken zwischen den Fingern ganz hart und trocken sind. Achten Sie auf dünne Lagen und wenden Sie regelmäßig, so wird Schimmelbildung vermieden.
  4. Ausdreschen oder Abstreifen und Reinigen:
    Sind die Samenstände vollständig durchgetrocknet, können Sie die Samenkörner ernten. Bei einigen Pflanzen wie Getreide, Gräsern oder Kräutern eignet sich das vorsichtige Ausklopfen oder Ausstreifen über einem sauberen Tuch. Andere wie Tomaten oder Hülsenfrüchte müssen händisch ausgepult werden. Anschließend werden gröbere Reste wie Blätter, Stängel oder Fruchtfleischreste mit einem Sieb oder Ihrer Handfläche ausgesiebt und nur die reinen Samenkörner aufgefangen.
  5. Richtige Lagerung für Keimkraft
    Um die bestmögliche Keimfähigkeit zu erhalten, müssen die Samen trocken, kühl und lichtgeschützt gelagert werden. Am besten eignen sich dafür Papiertüten, Butterbrotboxen oder Einmachgläser. Geben Sie nie zuviel Saatgut in einen Behälter, da die Samen sonst feucht werden könnten. Verschließen und beschriften Sie die Behälter mit Namen, Sorte und Erntejahr. So aufbewahrt, bleiben viele Sorten mehrere Jahre keimfähig. Optimal für die nächste Gartensaison!

Besonderheiten bei gängigen Gemüsesorten:

Kräuter: Beispielsweise bei Dill, Koriander, Fenchel etc. erntet man am besten ganze, hochstehende Blütendoldenstände kurz vor dem Ausrieseln. Diese können zum Trocknen einfach in einen Eimer, Karton oder Korb gehängt werden. Die Samen lösen sich dann von selbst aus den Rispen.

Tomaten: Ideal für die Saatgutgewinnung! Lassen Sie dafür einige der letzten, schon fast überreifen Früchte am Strauch und markieren Sie diese. Das Fruchtfleisch kann später leicht entfernt und die Samenkörner herausgespült werden (siehe unten).

Fruchtgemüse & Kürbisgewächse: Auch hier bieten sich die letzten, überreifen Früchte am besten an. Lassen Sie einige Exemplare solange wie möglich am Beet hängen. Sobald die Schale hart wird, können die Samen im Inneren leicht gelöst und entnommen werden.

Körnergemüse wie Amarant, Quinoa etc.: Pflücken Sie am besten die ganzen, schon leicht bräunlichen Samenrispen wenn diese vollständig durchgereift sind. Breiten Sie die Rispen zum Nachtrocken flach aus und streifen die Körner anschließend ab.

Hülsenfrüchte: Ob Buschbohnen, Erbsen oder Klettergemüse – lassen Sie die Schoten einfach solange komplett durchtrocknen, bis sie aufplatzen. Dann müssen nur noch die runzeligen Samenkörner herausgepult und gereinigt werden.

Tomatensamen richtig ernten und aufbereiten:
Die beliebteste Gemüsepflanze für den Hobbygärtner ist definitiv die Tomate! Zum Glück sind Tomatensamen auch sehr einfach zu ernten. Am besten markiert man sich einige besonders schöne, wunderreife Früchte am Strauch und lässt sie hängen bis sie ganz weich sind. Als nächstes schneidet man die überreifen Tomaten auf und lässt das Samengel samt den eingebetteten Kernen mit etwas Wasser in einer Schüssel anquellen. Nach ein bis zwei Tagen haben sich die klebrigen Gel-Rückstände vom Fruchtfleisch gelöst. Schwenken Sie die Schüssel vorsichtig, damit sich die guten Samenkerne am Boden absetzen können. Gießen Sie den Überstand samt Fruchtfleischstücken vorsichtig ab. Die sauberen Samenkerne am Boden können Sie nun auf einem Tuch, Teller oder Backblech ausgebreitet vollständig trocknen lassen.
Zum Schluss nur noch in ein beschriftetes Gläschen oder Tütchen füllen und die frischen Kerne sind bereit für die nächste Anzucht!

Mit etwas Übung erhält man so jedes Jahr aufs Neue hochwertiges Saatgut von den eigenen Lieblingssorten in Bioqualität. Nicht nur können wir uns so an unserem selbst geernteten Ofengemüse erfreuen – wir bewahren auch wertvolles Kulturgut für nachfolgende Generationen.